euroSPG4 Sommer Update 2024
Das euroSPG4-Konsortium hat das erste Projektjahr erfolgreich abgeschlossen und das zweite begonnen. Zeit für ein Update …
euroSPG4 Sommer Update 2024
stopp-HSP arbeitet auf internationaler Ebene eng mit dem europäischen Dachverband Euro-HSP zusammen. Insbesondere haben wir das Projekt euroSPG4 bisher mit über 30.000 Euro unterstützt. Gerne übernehmen wir hier das Sommer Update der Euro-HSP.
Hintergrund
Die SPG4 ist der mit Abstand häufigste Subtyp der HSP. Ungefähr ein Drittel aller HSP-Patienten sind von einer Mutation am SPG4-Gen (auch SPAST-Gen genannt) betroffen. Dies betrifft 60.000 Patienten weltweit. Dieses Gen wird für die Herstellung von Spastin benötigt – ein Protein, das für die Genese der Mikrotubuli verantwortlich ist. Die mikrotubulären Strukturen dienen als eine Art Skelett der Zellen.
Insbesondere in Neuronen sind sie entscheidend für die Leitung vieler Nährstoffe entlang des tunnelförmigen Innenraums der Zellen. Dieser Nährstofftransport ist für die Aufrechterhaltung der Zellfunktion wichtig. Da Mutationen von SPG4 den Spastinspiegel senken, führen sie zu beeinträchtigten Mikrotubuli – der Ursache der spastischen Gangstörung.
Konzept der Spastinspiegel-Erhöhung
Im Jahr 2021 kürte eine internationale Expertenjury eine Studie zur Spastinspiegel-Erhöhung von Sardina et al. zum Gewinner des Adolf-Strümpell-Preises – eines jährlichen Forschungspreises für HSP-Therapie. Dieser wird von Euro-HSP in enger Zusammenarbeit mit der Tom-Wahlig-Stiftung verliehen. Diese Arbeit zeigte in einem Zellmodell, dass der Spastinspiegel in mutierten Zellen durch Blockieren eines natürlichen Abbauprozesses mithilfe von MLN4924 – einem Medikament, das ursprünglich für die Onkologie entwickelt wurde – gerettet werden kann. Somit können Spastin-erhöhende Medikamente die mikrotubuläre Struktur wiederherstellen und könnten die normale Nervenfunktion bewahren.
euroSPG4 – Projekt
Die oben beschriebenen vielversprechenden Ergebnisse wurden in Zellmodellen und bei einer sehr begrenzten Anzahl von SPG4-Mutationen erzielt. Es besteht immer eine erhebliche Lücke zwischen der Grundlagenforschung in einem Zell-/Tierlabor und der Anwendung in der realen Welt. Zusammen mit Dr. Cinzia Rinaldos IBPM-Labor in Rom wurde das euroSPG4-Projekt konzipiert, um diese Lücke zu schließen. Hierfür wird an mehreren Aufgabenstellungen gearbeitet:
Spastinspiegel-Erhöhung) Untersuchung einer größeren Anzahl von Mutationen, um sicherzustellen, dass eine große Anzahl von potenziell auf die Behandlung anspricht.
Biomarker) Entwicklung eines praktischen klinischen Tests, der es ermöglicht, die Spastinspiegel-Erhöhung) beim Menschen zu bestätigen.
Translationale Entwicklung) Zusammenarbeit von Zellbiologen, Klinikern, Patientenvertretern und der Industrie in einem Konsortium um die Forschung an der Zelle zum Patienten zu bringen.
Highlights Jahr I (Mitte 2023 bis Mitte 2024)
Spastinspiegel-Erhöhung) Durch die Untersuchung einer deutlich erhöhten Anzahl von Mutationen in Zellmodellen konnte geschätzt werden, dass zumindest die Hälfte aller genetischen Varianten eine deutliche Spastinspiegel-Erhöhung bei Behandlung mit MLN4924 zeigt. Die verbleibende Gruppe der Mutationen könnte eine modifizierte Behandlung erfordern, um eine Spastinspiegel-Erhöhung zu erreichen.
Biomarker) Dr. Rinaldos Labor hat gezeigt, dass niedrige Spastinwerte auch die zytoskelettale Struktur und damit die Form von Blutzellen (Leukozyten) beeinflussen. Da Blutproben in der klinischen Routine gewonnen werden können, erscheint ihre Form als vielversprechender Biomarker. Erste Ergebnisse, die bei einer kleinen Anzahl von Mutationen erzielt wurden, wurden in Sardina et al. 2023 veröffentlicht. Im ersten Projektjahr wurden die Ergebnisse für eine deutlich größere Gruppe von Mutationen bestätigt.
Translationale Entwicklungen) Um ein ursprünglich für die Onkologie entwickeltes Medikament für die Anwendung bei einer seltenen Krankheit anzupassen, wurden mehrere Industriepartner kontaktiert: ein Onkologie-Unternehmen, das klinische Erfahrung mit der Prüfung von MLN4924 am Menschen vorweist, und ein Life-Science-Beratungsunternehmen (GLS Advisory), das Fachwissen in der Frühphasenprüfung neuartiger pharmazeutischer Anwendungen bereitstellt. Eine erste Strategie für eine klinische Proof-of-Concept-Studie wurde von den klinischen Experten in Rom entwickelt.
Ausblick Jahr II (Beginn Mitte 2024)
Spastinspiegel-Erhöhung) Die aktuelle Arbeit im Zellbiologielabor konzentriert sich auf eine modifizierte Spastin-Elevationstherapie zur Erweiterung des Anteils der behandelbaren Mutationen.
Translationale Entwicklungen) Die aktuelle Arbeit zielt darauf ab, die Anforderungen für die Verwendung von MLN4924 in einer klinischen Proof-of-Concept-Studie zu klären und zu erfüllen.
Projektbasis
Bisher wurden für die oben beschriebenen bisherigen und laufenden Forschungsarbeiten insgesamt über 100.000 Euro gesammelt. Euro-HSP freut sich, dass dies dank der Beiträge der Patientenverbände in Österreich, Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Spanien, der Schweiz, Großbritannien, den USA, Potato Pants Vienna und zahlreicher großer und kleiner privater Spender möglich war. Wir danken allen unseren Partnern für die anregende und positive Zusammenarbeit auf diesem Weg. Wir streben weiterhin danach, unseren Wunsch wahr werden zu
lassen:
„Wir möchten geheilt werden.“
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